Befindet sich in Top-Form und hat noch große Ziele in diesem Jahr: Florian Kahllund vom SV Dauelsen. (Jonas Kako)
Herr Kahllund, aufgrund des Anschlags in Hanau wird nun eine Verschärfung des Waffenrechts diskutiert. Sportschützen sollen ihre Waffen nicht mehr mit
nach Hause nehmen dürfen, sondern im Verein einschließen müssen. Der Deutsche Schützenbund (DSB) lehnt eine solche Verschärfung des Waffenrechts ab. Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Florian Kahllund: Mich persönlich würde das nicht betreffen, da Bögen nicht unter das Waffengesetz fallen. Das hat unter anderem
damit zu tun, dass die durch den Schuss freigesetzte Energie nicht gespeichert werden kann. Anders sieht es etwa bei einer Armbrust aus, bei der die Energie durch das Schloss gespeichert
und jederzeit freigegeben werden kann. Aber generell habe ich eine ähnliche Meinung wie der DSB. Alle Waffen an einem Ort zu haben, das ist nicht die schlaueste Idee. In meinem
Heimatverein (SSC Fockbek, Anm. d. Red.) stand dieses Thema vor ein paar Jahren auch mal im Raum. Da hatten wir uns auch dagegen entschieden.
Nun zum Sport: Zunächst einmal Glückwunsch zu Ihren diversen kürzlichen Erfolgen: Sie haben mit dem SV Dauelsen die Staffel Nord der Bundesliga auf
Platz eins abgeschlossen, zudem in Las Vegas beim Finale der World Series Gold und anschließend beim „Vegas Shoot“ auch noch Bronze abgeräumt. Was macht Sie derzeit so stark?
Danke. Ich denke, das ist ganz einfach zu erklären. Da in diesem Jahr die Olympischen Spiele stattfinden, haben wir bereits früher mit der Saisonvorbereitung begonnen. Diesmal sind wir
bereits im September gestartet. Das war insbesondere auch für den ersten Spieltag in der Bundesliga besser. Man kam besser rein, in den Jahren zuvor war das anders, da wurden meine
Ergebnisse erst an den späteren Spieltagen besser.
Haben Sie etwas im Vergleich zur Vorsaison verändert?
Ein paar Kleinigkeiten werden immer umgestellt, das ist normal. Aber man kann nie wirklich sagen, was das gebracht hat.
Bereits in der vergangenen Saison waren Sie mit einem Ringschnitt von 9,81 bester Schütze beider Bundesliga-Staffeln. Damals sagten Sie, es gehe noch
besser. Nun haben Sie ihre Ansage in die Tat umgesetzt, sind erneut bester Schütze beider Staffeln und haben ihren Schnitt auf 9,85 verbessert. Sagen Sie erneut, dass es besser geht?
Natürlich geht das noch besser und ich will noch besser werden. Aber es geht in die richtige Richtung, ich bin zufrieden. Erst mal steht das Bundesliga-Finale an, ein Schnitt wie am
ersten Spieltag wäre gut.
Welchen Schnitt hatten Sie geschossen?
9,91.
In der Bundesliga war der SV Dauelsen mit dem Klassenerhalt als Minimalziel und mit der Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft als Hauptziel
gestartet. Das alles wurde übertroffen und der Titel der Nord-Staffel ist herausgesprungen. Hatten Sie solch eine Entwicklung für möglich gehalten?
Es ist immer schwierig vorherzusagen, was passiert – selbst nach den ersten Spieltagen. Es kann immer sein, dass manche dann zu ihrem Rhythmus finden und dann deutlich besser schießen.
Die Unterschiede sind in der Bundesliga halt sehr gering. Man hat auch gemerkt, dass der Gesamtschnitt besser geworden ist. Und so war es auch superinteressant, dass das letzte Duell
entscheiden musste.
Wie haben Sie das finale Match gegen BSC BB Berlin erlebt? Immerhin war klar, dass der Sieger die Nord-Staffel gewinnen würde.
Wir hätten ja eigentlich schon vorher gewinnen müssen, dann wäre es gar nicht zu solch einer Situation gekommen. Aber wir haben gemerkt, dass wir auch unter Druck sehr gut schießen
können. Und es hat Spaß gemacht.
War das die hochklassigste Saison überhaupt? Sie sagten es schon, der Gesamtdurchschnitt war ein besserer und auch die vermeintlich „Kleinen“ trumpften
groß auf.
Ich kenne nicht die genauen Ringzahlen, aber diese Saison gehört sicherlich zu den besten und war definitiv besser als die Vorsaison.
Wie ist es Ihnen lieber: Wenn jeder einzelne Wettkampf ein spannender und ausgeglichener ist, oder sie zwischendurch auch schnelle, einfache Siege
einfahren können?
Auf jeden Fall, wenn es ausgeglichen ist. Das bringt viel mehr Spaß, vor allem auch, wenn man mal überraschend von den vermeintlich „Kleinen“ geschlagen werden kann. Es ist nicht so
schön, wenn man drei Passen schießt und egal ist, wie gut oder schlecht man schießt, weil man weiß, dass der andere eh nicht besser sein wird. So bringt es auch für einen selbst viel
mehr, da man sich immer anstrengen muss.
Ihr Trainer beim SV Dauelsen, Andreas Hehenberger, spricht davon, dass die Süd-Staffel in diesem Punkt deutlich weniger Spannung bietet. Sind Sie froh,
in der Nord-Staffel anzutreten?
Ich finde es so in der Nord-Liga besser. Aber es gibt eine gewisse Rivalität zwischen den Ligen, die aus der Süd-Liga sehen das natürlich anders.
Zurück zum SV Dauelsen: Was ist das Erfolgsrezept des SVD in dieser Saison?
Im Prinzip ist einfach jeder von uns gut drauf. Sebastian (Teamkollege Sebastian Rohrberg, Anm. d. Red.) hatte zwar Probleme mit seinem Arm, wenn er aber geschossen hat, war er trotzdem
supergut. Auch Holger und Christian (Teamkollegen Holger Rohrbeck und Christian Dauel, Anm. d. Red.) haben ihre Ringzahlen nach oben geschraubt.
Am 29. Februar steht die Deutsche Meisterschaft in Wiesbaden an. Welche Chancen räumen Sie sich und dem SV Dauelsen ein?
Eine Chance haben wir auf jeden Fall. Wie gut die ist, das sieht man erst dann. Der Top-Favorit ist sicherlich Titelverteidiger Eversberg mit den drei Nationalkader-Schützen (Cedric
Rieger/9,83 Ringschnitt, Maximilian Weckmüller/9,72, Michelle Kroppen/9,71, Anm. d. Red.). Aber im Finale wird im Satzsystem geschossen, daher ist alles offen. Ich traue uns den Titel zu
– ebenso aber auch Berlin, Eversberg und zwei, drei anderen Teams.
Mit dem Finale in Wiesbaden endet die Bundesliga-Saison 2019/2020. Werden Sie auch 2020/2021 weiter für den SV Dauelsen an den Schießstand
treten?
Ja, dabei wird es bleiben.
Kommen wir zu Las Vegas, wo sie das Finale der World Series gewonnen und zudem Bronze beim „Vegas Shoot“ gewonnen haben. Was bedeuten diese Erfolge für
Sie?
Das war mein größter Indoor-Erfolg. Beim Finale war es dann so, dass die meisten Schützen auch zugeguckt haben. Somit saßen über 2000 Zuschauer in der Halle, das war schon beeindruckend.
Beim Schießen blende ich das aus. Einzig, dass man auf einer Bühne steht, ist anders. Doch mit den Zuschauern ist das schon cool, das ist schon besser, als wenn nur zehn Leute klatschen.
Dass ich dann auch noch beim „Vegas Shoot“ Dritter geworden bin, war sehr cool. Das hilft einem natürlich auch für die Saison im Freien.
Im Sommer werden auch Sie sicherlich in Tokio sein, am liebsten aber nicht nur als Begleitperson Ihrer Lebensgefährtin Lisa Unruh, oder?
Das ist das Ziel (schmunzelt).
Für die Olympischen Spiele ist das Frauen-Team des DSB bereits qualifiziert, somit auch Ihre Lebensgefährtin. Die Männer hingegen kämpfen noch um ein
Mannschafts- sowie um Einzeltickets. Möglichkeiten geboten sind bei der Europameisterschaft in Antalya (Türkei) vom 21. bis 26. Mai, bei der es um vier Einzelplätze für Tokio 2020 geht, und
beim Weltcup in Berlin vom 22. bis 28. Juni, wenn die drei letzten Team-Tickets vergeben werden. Wie stehen die Chancen für Sie und das Nationalteam?
Das Hauptziel ist, sich mit der Mannschaft zu qualifizieren. Die Chancen sind allerdings sehr schwierig einzuschätzen. Es sind sehr gute Nationen dabei, wie etwa die Amerikaner und die
Türken. Ich traue fünf, sechs Nationen zu, sich ein Ticket zu sichern. Das wird sehr spannend und in Berlin besonders auch voll. Bereits letztes Jahr waren dort 230 Herren und 180 Frauen.
Das werden mit Blick auf Olympia dieses Mal sogar noch mehr.
Und wie stehen die Chancen im Einzel?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir einen Einzelplatz holen werden. Ob ich den dann nutzen kann, kann ich aber nicht sagen. Wir sind drei Männer, die sehr dicht beieinander sind.
Ist die Bundesliga-Saison und die Deutsche Meisterschaft in diesem Punkt hinderlich? Immerhin müssen sie in der Vorbereitung auf Olympia über 70 Meter
schießen, während in der Bundesliga in den Hallen die Zielscheiben lediglich 18 Meter entfernt stehen.
Nein, absolut nicht. An einem Spieltag bin ich auch von dem einen auf den anderen Tag umgestiegen. Das war ein sehr spaßiger Wettkampf und es bringt auch Wettkampferfahrung. Manchmal
denkt man sich aber, dass man mehr auf die kurze Distanz hätte trainieren sollen.
Das Interview führte Patrick Hilmes.
Zur Person
Florian Kahllund (26)
gehört seit einigen Jahren zum deutschen Nationalkader und ist seit November 2018 Sportsoldat, um sich vollends auf das Bogenschießen konzentrieren zu können. In der Bundesliga schießt er
für den SV Dauelsen. Zudem will sich Kahllund den Traum von Olympia erfüllen. Für Rio 2016 hatte er den Quotenplatz geholt, unterlag jedoch in der internen Qualifikation.